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World Health Day 2001

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Startseite : 2001 Psychische Gesundheit : zentrale Veranstaltung : Programm : Fortschritte in der Behandlung Psychisch Kranker

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Prof. Dr. Wolfgang Maier

Psychische Störungen sind häufig (ca. 1/3 aller Patienten in einer Allgemeinarztpraxis leiden unter aktuellen psychologischen Funktionsbeeinträchtigungen); diese Störungen zeigen meist einen wieder­kehrenden oder überdauernden Verlauf. Das Verständnis der biologischen und psychologischen Mechanismen, die zur Entstehung und zur Aufrechterhaltung psychischer Störungen führen, hat in den vergangenen Jahren erhebliche Fortschritte gemacht. Trotz deutlicher therapeutischer Verbesserungen haben die Behandlungsfortschritte mit dieser Entwicklung nicht Schritt gehalten. Es ist aber zu hoffen, dass in den kommenden Jahren und Jahrzehnten die Früchte der erreichten Erkenntnisfortschritte in deutlich verbesserten Therapiemöglichkeiten ihren Niederschlag finden.

Gleichwohl wurden bei allen psychischen Erkrankungen in den vergangenen Jahren wichtige Behandlungsfortschritte erreicht:

1. In besonderem Maße haben sich bei Depressionen und Angsterkrankungen die pharmakologischen und psychotherapeutischen Möglichkeiten erweitert. Es wurden nebenwirkungsarme Medikamente entwickelt, die aber in ihrer direkten Wirksamkeit klassischen Behandlungsverfahren kaum überlegen sind. Die Wirksamkeit von bekannten und neu entwickelten spezifischen Psychotherapieverfahren konnte überzeugend belegt werden, ohne dass es zu ungünstigen Interaktionen mit medikamentösen Behandlungsverfahren kam. Wirkungsverbesserungen können daher insbesondere von Kombinationen aus medikamentösen und psychotherapeutischen Behandlungsmethoden erwartet werden. Außerdem wurden alternative biologische Behandlungsverfahren verfügbar (z. B. Magnetstimulation), die eine zusätzliche Verbesserung der Behandlung während einer Depression und der Vorbeugung künftiger Depressionen erwarten lassen.

2. Bei Psychosen und Schizophrenien konnten mit der Entwicklung atypischer Neuroleptika nicht nur die aktuelle Behandlungszufriedenheit, sondern auch die langfristige Lebensqualität der Betroffenen unter Vermeidung motorischer Nebenwirkungen gesteigert werden. Spezifische psychotherapeutische Behandlungen haben sich zudem bei Erkrankungsbeginn als hilfreich erwiesen. Zudem sind wirksame Frühbehandlungsverfahren in der Entwicklung.

3. Bei Suchterkrankungen (insbesondere Alkoholabhängigkeit) haben sich vor allem verhaltenstherapeutische Techniken etabliert. Die als wirksam nachgewiesenen zusätzlichen pharmakologischen Behandlungsmaßnahmen haben sich in der Praxis zwar als hilfreich erwiesen, aber auch weitreichende Erwartungen enttäuscht.

4. Die geringsten Fortschritte haben sich bei der Behandlung der im Alter besonders häufigen Demenzentwicklungen (vor allem Alzheimersche Erkrankung) ergeben. Trotz massiver Forschungsanstrengungen ist mit den derzeit verfügbaren Medikamenten lediglich eine Verzögerung der Erkrankungsentwicklung im Frühverlauf erreichbar. Unterstützend wirken dabei auch psychosoziale Behandlungsangebote, die zunehmend neu entwickelt werden. Die Aufklärung der neurobiologischen Grundlagen der Alzheimerschen Erkrankung hat in den vergangenen Jahren erhebliche Fortschritte gemacht, so dass in naher Zukunft deutlich wirksamere Antidementiva erwartet werden können.

Trotz der skizzierten Behandlungsfortschritte sind die psychischen Erkrankungen in den vergangenen Jahren eher häufiger geworden und haben ihren überwiegenden wiederkehrenden oder überdauernden Verlaufscharakter nicht verloren. Die Lebenssituation und die Lebenszufriedenheit der Betroffenen haben sich gleichwohl günstig entwickelt. Es besteht weiterhin ein erheblicher Verbesserungs- und Entwicklungsbedarf. Dabei ist nicht nur auf die Entwicklung neuer, wirksamerer medikamentöser und psychotherapeutischer Behandlungstechniken zu hoffen, auch das Potenzial an vorbeugenden, präventiven Behandlungsmethoden muss vermehrt fortentwickelt und ausgeschöpft werden.

Der Autor
Prof. Dr. Wolfgang Maier, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Bonn