Einstellung und Verhalten der Bevölkerung gegenüber psychisch Kranken, insbesondere schizophren Kranken, sind durch unzureichendes Wissen und Vorurteile belastet. Die gesellschaftlichen Vorstellungen über psychisch Kranke umfassen eine Vielzahl negativer Eigenschaften wie bsp. Gewalttätigkeit, Schwäche und Unfähigkeit - "Unberechenbarkeit", "Geisteskrankheit" und "Irresein" sind die häufigsten Assoziationen der Allgemeinbevölkerung mit dem Wort "Schizophrenie". Diese Vorstellungen werden bestätigt in den Darstellungen der Massenmedien, den Einstellungen der Bevölkerung und den Überzeugungen von Individuen. Sie führen zu sozialer Distanz und Ausgrenzung, Benachteiligung bei Arbeitsplatz-, Wohnungs- und Partnersuche. Zu den häufigsten Erfahrungen und Quellen von Stigmatisierung aus Sicht schizophren erkrankter Patienten zählen Unwissenheit in der Bevölkerung, negative Darstellungen in den Massenmedien, aber auch die Stigmatisierung durch Ärzte und Pflegepersonal in psychiatrischen und nichtpsychiatrischen Institutionen.
Im Jahre 1996 begann die World Psychiatric Association (WPA) mit der Entwicklung eines weltweiten Programms zur Bekämpfung von Stigma und Diskriminierung aufgrund von Schizophrenie: "Fighting stigma and discrimination because of schizophrenia". Das internationale Programm der WPA will durch öffentliche Informationsprogramme und Aufklärungsmaßnahmen in ausgesuchten Zielgruppen das Wissen um Ursachen, Wesen und Behandlungsmöglichkeiten der schizophrenen Störungen verbessern und so helfen, Irrglauben, Mißverständnisse und damit verbundene Vorurteile gegenüber der Erkrankung und den von ihr Betroffenen abzubauen. Soziale Beeinträchtigungen von Schizophrenie Betroffener sollen so vermindert, die soziale Reintegration und Lebensqualität unter Schizophrenie leidender Menschen verbessert werden. Unter Berücksichtigung nationaler Gegebenheiten und kultureller Besonderheiten wird das Programm weltweit umgesetzt.
In Deutschland sind in die Umsetzung des internationalen Antistigma-Programms der WPA verschiedene Zentren (Düsseldorf, München, Leipzig, Hamburg, Kiel und Itzehoe) mit sowohl standortspezifischen als auch komplementären Aktivitäten eingebunden, die sich in dem Verein "Open the doors"(Koordinationszentrum Düsseldorf) zusammengeschlossen haben. In den dem Verein angeschlossenen Projektzentren Düsseldorf und München wird das Antistigma-Programm des Weltverbandes für Psychiatrie mit dem Namen "Schizophrenie - Open the doors" im Rahmen des Kompetenznetzes Schizophrenie (KNS) durchgeführt, eines bundesweiten, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützten Forschungsnetzwerks. Zielgruppen der Interventionen in Düsseldorf und München sind die breite Bevölkerung, spezielle Berufsgruppen innerhalb und außerhalb der Psychiatrie sowie Schüler. Der Schwerpunkt des Programms liegt auf der Evaluation der Programmeffekte auf Krankheitsverlauf und -outcome in ausgewählten Patientengruppen. In Experimental- und Kontrollzentren werden vor Beginn der Interventionen Einstellungsumfragen in der Bevölkerung, Patientenbefragungen sowie eine Medienanalyse durchgeführt, deren Ergebnisse die Basis für die Auswahl der Zielgruppen und Interventionen darstellen. Nach der 24-monatigen Interventionsphase werden Nachtests in den selben Zielgruppen durchgeführt, um die Effekte messen und erfolgreiche Module des Programms zu einem bundesweiten Antistigma-Netzwerk ausbauen zu können.
Der Autor
Prof. Dr. Wolfgang Gaebel, Sprecher des Kompetenznetzes Schizophrenie, Vorsitzender "Open the doors e.V.", Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf