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World Health Day 2001

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zurück Psychische Gesundheit - eine ständige Herausforderung

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt

Sehr geehrter Herr Dr. Rutz, sehr geehrter Herr Dr. Voigt, 
meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich freue mich, Sie zur Auftaktveranstaltung des Weltgesundheitstags 2001 hier in Köln begrüßen zu dürfen.

Überall auf der Welt werden heute und morgen Veranstaltungen zum Thema "Psychische Gesundheit" stattfinden. Dadurch bekommt dieses Thema endlich die Aufmerksamkeit, die es verdient. Öffentlichkeit ist wichtig, gerade weil psychische Erkrankungen immer noch mit einem Stigma behaftet sind. Noch immer sind Vorurteile gegenüber psychisch Kranken weit verbreitet.

Dabei ist eines klar: Psychische Erkrankungen können jeden und jede von uns jederzeit treffen.
Wenn die Statistik stimmt, sind psychische Störungen die zweithäufigste Erkrankungsursache. Auch wenn Churchill gesagt hat: "Ich glaube nur an Statistiken, die ich selbst gefälscht habe", machen mich diese Zahlen sehr nachdenklich.

Psychische Erkrankungen sind eine schwere Belastung für die Betroffenen und ihre Familien. Sie werden oft verheimlicht und verdrängt. Dies trägt mit dazu bei, dass psychische Erkrankungen in unserem Gesundheitssystem weniger Beachtung finden, als somatische Beschwerden. Wir haben ein Gesundheitssystem, das mit den besten Diagnose- und Therapiemöglichkeiten ausgestattet ist. Aber Depressionen können nun mal nicht mit Labortests nachgewiesen werden.

Ist dies aber wirklich der Grund, dass wir mit seelischen Erkrankungen anders umgehen? Oder liegt es nicht vielmehr an immer noch bestehenden Vorurteilen gegenüber psychisch Kranken? Ist es nicht so, dass nicht nur innerhalb des Freundeskreises, sondern auch in der eigenen Familie oft das notwendige Verständnis nicht vorhanden ist? Wie viel schwieriger ist dann erst die Situation am Arbeitsplatz? Die Befürchtung von sozialer Ausgrenzung wird hier schnell erlebbar.

Wir brauchen ein neues Denken, ein Umdenken. Und es mag paradox klingen. Aber gerade weil so viele Menschen von psychischen Erkrankungen oder Störungen betroffen sind, habe ich die Hoffnung, dass dieses Umdenken gelingt. Der heutige Weltgesundheitstag kann hierzu einen wichtigen Beitrag leisten.

In der wissenschaftlichen Diskussion besteht inzwischen Einigkeit, dass psychische Erkrankungen vielfältige Ursachen haben können. Sie entstehen im Zusammenwirken biologischer, individualpsychologischer und gesellschaftlicher Faktoren. Die unterschiedlichen Ausprägungen psychischer Erkrankungen bei Männern und Frauen z.B. haben ihre Ursache nicht nur den verschiedenen biologischen Voraussetzungen, sondern auch in den unterschiedlichen Lebensbedingungen von Männern und Frauen.

Deshalb halte ich es für ganz wichtig, dass der ganzheitliche Ansatz in der Medizin mehr Bedeutung als bisher gewinnt. Schon der Grundsatz der hippokratischen Lehre lautete: "Willst du den Körper behandeln, so musst du vorher die Seele heilen. Körper und Seele sind eins und jener erkrankt oder heilt nicht ohne dieses." Mit ihrem Motto "No health without Mental Health" knüpft die WHO und auch der diesjährige Weltgesundheitstag an diese Philosophie an.

Wir leben in einer Zeit, in der sich die Rahmenbedingungen ständig ändern. Deshalb gibt es kein Patentrezept, sondern nur viele kleine Schritte, die zum Ziel führen. Dabei gibt es zwei Ebenen, zum einen die Förderung der psychischen Gesundheit und zum anderen die Behandlung psychischer Erkrankungen. Psychische Erkrankungen sind behandelbar. Das weiß niemand besser als Sie. Denn viele von Ihnen arbeiten mit psychisch Kranken und sie tun dies mit großem Erfolg.

Wir blicken mittlerweile auf mehr als 25 Jahre Psychiatrie-Reform in Deutschland zurück. Heute steht den Betroffenen ein hochwertiges therapeutisch und rehabilitativ ausgerichtetes Angebot - auch und besonders im ambulanten Bereich - zur Verfügung. Sozialpflegerische Dienste, Tageskliniken und Maßnahmen der Rehabilitation helfen den Betroffenen, in ihren Alltag zurückzukehren. Aber wie sagt schon der Volksmund: "Nichts ist so gut, dass es nicht verbessert werden kann." Daran arbeiten wir.

Wir fördern zahlreiche Modellprojekte u.a. zur besseren Vernetzung zwischen ambulantem und stationären Bereich. Parallel wurden im Rahmen des Gesundheitsforschungsprogramms Versorgungsnetze zu ausgewählten neuropsychiatrischen Krankheiten wie Schizophrenie, Depression, Demenz, Schlaganfall oder Parkinson etabliert.

Ein weiterer wichtiger Faktor bei der Bewältigung psychischer Erkrankungen ist die Selbsthilfe. Zusammen mit anderen Betroffenen fällt der Umgang mit den eigenen Problemen leichter. Deshalb haben wir mit der Gesundheitsreform 2000 die Möglichkeiten der Selbsthilfeförderung ausgebaut. Aber meine Damen und Herren, wir dürfen jedoch nicht warten, bis das "Kind in den Brunnen gefallen ist". Psychische Gesundheit ist erreichbar und jeder kann etwas dafür tun!

Die moderne Lebenswelt stellt hohe Anforderungen, die tagtäglich bewältigt werden müssen. Wir kennen alle das Stichwort von der schnelllebigen Zeit. Wir reden über Stressbelastungen, Überforderung, Verlust sozialer Bindungen, gestiegene Mobilität, beschleunigte ökonomische Abläufe. Mobbing, Doppelbelastung durch Familie und Beruf sind die Probleme der heutigen Zeit.

Damit diese Faktoren die Menschen nicht krank machen, ist es vor allem notwendig, den einzelnen in seiner seelischen Gesundheit zu unterstützen. Dabei kommt es u.a. darauf an Konfliktfähigkeit zu entwickeln. Hier kann jeder selbst etwas für sich tun: Probleme mit Freunden oder Partnern zu besprechen hilft, auch Sport und gesunde Ernährung sind wichtige Faktoren für die eigene seelische Gesundheit.

Manche Menschen brauchen Unterstützung durch psychologisches Know-how. Oft genügen wenige Stunden Psychotherapie, Menschen gesundheitlich zu stärken, ein positives Selbstwertgefühl aufzubauen und damit die psychosomatische Krankheit in den Griff zu bekommen. Niemand sollte sich scheuen, diese Hilfe in Anspruch zu nehmen oder andere dazu zu ermuntern!

Wir haben mit dem Psychotherapeutengesetz die notwendigen Voraussetzungen für eine qualitativ gesicherte psychotherapeutische Behandlung geschaffen. Eine Botschaft sollte von diesem Weltgesundheitstag ausgehen: psychische Gesundheit ist ein wichtiger Teil der Gesundheit insgesamt.

Lassen Sie uns gemeinsam an der Verwirklichung des Ziels - Psychische Gesundheit zu erhalten und wiederherzustellen - arbeiten! Voraussetzung für mehr Engagement ist Information. Dazu leistet der Weltgesundheitstag in diesem Jahr einen wichtigen Beitrag. Und was besonders positiv ist: Wir haben in diesem Jahr eine Premiere: Zum ersten Mal findet diese Veranstaltung öffentlich statt. Damit haben nicht nur Fachleute, sondern auch alle interessierten Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, sich Tipps und Informationen rund um die psychische Gesundheit zu holen. Dazu möchte ich alle Anwesenden, seien sie als Professionelle, als Politikerinnen und Politiker oder als interessierte Bürgerinnen und Bürger hier, herzlich einladen.