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Die neue Arbeitsstättenverordnung - Fortschritt oder Stillstand?
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Abstract

Dr. Benedikt Buchner

Seit dem 3. Oktober 2002 ist der Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz durch eine neue Vorschrift in der Arbeitsstättenverordnung explizit gesetzlich geregelt:

"§ 3a Nichtraucherschutz

(1) Der Arbeitgeber hat die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nichtrauchenden Beschäftigten in Arbeitsstätten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch geschützt sind.

(2) In Arbeitstätten mit Publikumsverkehr hat der Arbeitgeber Schutzmaßnahmen nach Absatz 1 nur insoweit zu treffen, als die Natur des Betriebes und die Art der Beschäftigung es zulassen."
§ 3a ArbStättV soll Rechtsklarheit für den Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz schaffen und den arbeitsrechtlichen Individualrechtsschutz verbessern. Ob diese Ziele allerdings tatsächlich auch erreicht werden, hängt von der konkreten Anwendung und Auslegung der Vorschrift in der Zukunft ab.

Eine Ansicht: 3a ArbStättV bewirkt keine effektive Verbesserung des Nichtraucherschutzes

Diejenigen, die einer Verbesserung des gesetzlichen Nichtraucherschutzes am Arbeitsplatz ohnehin skeptisch gegenüberstehen, können sich darauf berufen, dass der Regelungsgehalt des § 3a ArbStättV nicht über das hinausgeht, was nicht auch schon den bisher relevanten Regelungen des § 5 Satz 1 ArbStättV und § 618 Abs. 1 BGB entnommen werden konnte.

Problematisch scheint insbesondere, dass auch im Rahmen des § 3a ArbStättV nicht festgelegt worden ist, wann konkret von einer Gesundheitsgefährdung durch Tabakrauch auszugehen ist. Kritisiert wird, dass es der Gesetzgeber versäumt habe, die maximal zulässige Tabakrauchkonzentration am Arbeitsplatz näher zu bestimmen, wie dies bei anderen Schadstoffen in Form der MAK geschehen ist.

Die Kritik an einem fehlenden Grenzwert impliziert zugleich, dass auch im Rahmen des neuen § 3a ArbStättV weiterhin zwischen einer (rechtlich nicht relevanten) bloßen Belästigung durch Tabakrauch und einer konkreten Gesundheitsgefährdung zu differenzieren ist. Dafür spricht, dass ursprünglich auch eine Schutzpflicht des Arbeitgebers hinsichtlich der "Belästigungen" durch Tabakrauch in § 3a ArbStättV normiert werden sollte, dies aber letztlich auf Betreiben der Arbeitgeberverbände wieder fallengelassen wurde.

Auch im Rahmen des § 3a ArbStättV wird vertreten, dass sich die Schutzpflicht des Arbeitgebers lediglich am durchschnittlich gesunden Arbeitnehmer zu orientieren hat, nicht aber auch an solchen Arbeitnehmern, die außergewöhnlich sensibel auf Tabakrauch reagieren.

Ungeklärt scheint schließlich auch weiterhin die Frage der Auswahl der konkreten Schutzmaßnahmen. Das Merkmal der Erforderlichkeit kann dahingehend ausgelegt werden, dass der Arbeitgeber nur das für die Raucher "mildeste Mittel" zum Schutz vor Passivrauch einsetzen darf, ein allgemeines Rauchverbot daher stets nur ultima ratio ist.

Andere Ansicht: § 3a ArbStättV ist Grundlage für eine effektive Verbesserung des Nichtraucherschutzes

§ 3a ArbStättV hat Signalwirkung, der Gesetzgeber hat "Farbe bekannt". Gerichte können sich in Zukunft nicht mehr darauf berufen, es sei Sache des Gesetzgebers, die Interessen von Rauchern und Nichtrauchern gegeneinander abzuwägen und zu bestimmen, inwieweit Nichtraucher schutzwürdig sind.

Mit der Fokussierung auf den Schutz der Nichtraucher hat der Gesetzgeber gleichzeitig auch die Gewichtung der widerstreitenden Interessen vorgegeben. Die Gesundheitsinteressen der Nichtraucher haben gegenüber der Handlungsfreiheit der Raucher den absoluten Vorrang.

§ 3a ArbStättV kann durchaus dahingehend verstanden werden, dass die Regelung die Frage der Gesundheitsgefährdung durch Passivrauch eindeutig geklärt hat - und zwar in dem Sinne, dass jeglicher Passivrauch, egal in welcher Konzentration, gesundheitsschädlich ist und daher die Schutzpflicht des Arbeitgebers nach § 3a ArbStättV auslöst. Gesetzgeberisches Motiv für die Neuregelung war es gerade, durch § 3a ArbStättV den neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen Rechnung zu tragen, "die grundsätzlich von einer krebserzeugenden Wirkung des Passivrauchens ausgehen" (BT-Drucks. 14/3231, S. 4).

Aus diesem Grund ist daher auch eine gesetzliche Festschreibung der maximal zulässigen Tabakrauchkonzentration am Arbeitsplatz nicht notwendig. Hinzu kommt, dass die Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft Tabakrauch in der Raumluft als eindeutig krebserzeugend für den Menschen eingestuft und ihn damit der höchsten Gefahrenstufe (Kategorie 1) zugeordnet hat. In dieser Kategorie kommt es aber auf die Einhaltung eines bestimmten MAK-Wertes (anders als in den Kategorien 3-5) nicht an. Schadstoffe der Kategorie 1 sind vielmehr in jeglicher Konzentration als gesundheitsgefährdend einzustufen.

Der Umfang der Schutzpflicht des Arbeitgebers darf sich auch nicht allein am Maßstab des durchschnittlich gesunden Arbeitnehmers orientieren. § 3a ArbStättV macht deutlich, dass es allein auf einen wirksamen Schutz des Nichtrauchers ankommt.

Der Schutz des Nichtrauchers vor Gesundheitsschädigungen durch Passivrauch geht den Freiheitsinteressen des Rauchers stets vor, egal ob der einzelne Betroffene mehr oder weniger empfindlich auf Passivrauch reagiert. Darüber hinaus ist eine Differenzierung ohnehin unnötig, da Passivrauch in jedem Fall und daher auch für jeden gesundheitsgefährdend ist.

Aufgrund der Maxime eines wirksamen Nichtraucherschutzes ist es auch nicht vertretbar, ein allgemeines Rauchverbot nur als ultima ratio für den Fall zuzulassen, dass keine milderen Mittel denkbar sind. Die Auswahl der Schutzmaßnahmen nach § 3a ArbStättV steht nicht unter der Maxime, den Raucher möglichst wenig einzuschränken, sondern den Nichtraucher möglichst umfassend in seiner Gesundheit zu schützen. Hierfür ist ein generelles betriebliches Rauchverbot die effektivste Maßnahme und daher stets zulässig.

Fazit: § 3a ArbStättV kann Grundlage für eine effektive Verbesserung des Nichtraucherschutzes am Arbeitsplatz sein.

§ 3a ArbStättV ist nicht nur eine Festschreibung des bisherigen rechtlichen status quo, sondern Grundlage für eine effektive Verbesserung des Nichtraucherschutzes am Arbeitsplatz. Gleichwohl ist nicht auszuschließen, dass durch eine restriktive Auslegung und Anwendung der Vorschrift deren praktische Bedeutung gering bleibt. Es kommt daher entscheidend darauf an, durch entsprechende Informations- und Überzeugungsarbeit einer erfolgreichen Umsetzung der Vorschrift in der Praxis den Weg zu bereiten.

Dr. Benedikt Buchner
Universität München
Institut für Internationales Recht
Ludwigstraße 29/II
80539 München