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Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen stellen Straßenverkehrsunfälle die größte Bedrohung für ihre Gesundheit dar. In allen westlichen industrialisierten Ländern sind Verkehrsunfälle beginnend nach dem ersten bis zum 45. Lebensjahr die Todesursache Nr. 1. Die WHO (2001) erwartet, dass die Situation noch relativ schlechter wird. Verkehrsunfälle standen 1998 weltweit, alle Altersgruppen zusammen genommen, an 9. Stelle der verlorenen disability-adjusted life years (DALYs); 2020 werden sie in den industrialisierten Ländern an 3. und in den sich entwickelnden Ländern an 2. Stelle dieser Rangliste aller Gesundheitsprobleme stehen. Dazu trägt entscheidend bei, daß es gerade junge Menschen sind, die weit überproportional häufig bei Verkehrsunfällen verletzt oder getötet werden. Aber Verkehrsunfälle sind nicht nur ein Gesundheitsproblem von herausragender Bedeutung - es besteht auch ein großes Potential an nicht ausgeschöpften Gegenmaßnahmen. Betrachtet man die Entwicklung der Verunglückten- und Getötetenzahlen von 1980 bis 2001, so zeigt sich, das wir in diesem Zeitraum bei allen anderen Altersgruppen in Deutschland eine durchweg positive Entwicklung hatten. Dies gilt bei den bei den 18 - 25jährigen jedoch nur für die Getötenzahlen (Wirkung u.a. von Maßnahmen der passiven Sicherheit), nicht jedoch für deren Verunglückensrisiko.
Bei 18 - 20jährigen steht als eine wesentliche Entwicklungsaufgabe der Erwerb der Fahrerlaubnis an. Dies ist nicht nur ein zumeist sehr dringlich erlebter persönlicher Wunsch, sondern auch eine gesellschaftliche Erwartung und Anforderung. Auf die Erfüllung solcher normativer Anforderungen muss die Gesellschaft angemessen vorbereiten. Zugleich geht es gerade in diesem Alter um den Aufbau und die Verfestigung von Mobilitätsmustern und -präferenzen, die im späteren Lebenslauf nur schwer modifizierbar sind.
Ausgegangen werden kann von folgender Lern- und Entwicklungssituation:
Was soll nun gelernt werden? Drei Bereiche unterschiedlicher Kompetenzen als Voraussetzungen sicheren Fahrens können unterschieden werden:
Voraussetzung dafür, sicher fahren zu lernen - nicht nur manövrieren, sondern in einem komplexen Umfeld situationsangemessen und sicher handeln zu können.
Gefahrenkognition und Gefahrenantizipation: Wie lassen sich gefahrenträchtige Situationsentwicklungen so frühzeitig erkennen, das entstehende Gefahren bereits im Vorfeld vermieden werden können? Auszubilden sind hierzu eine
vorausschauende Situationseinschätzung und eine angemessene Selbstwahrnehmung (u.a.: wahrgenommene eigene Bewältigungskompetenz).
Grundlage des Sozialverhaltens im Verkehr, das von den Fahrmotiven mitbestimmt ist. Wie erlebt sich die Person in Interaktion mit anderen? Wodurch ist ihr Verhalten "gelenkt"? Von der Kontrolle des Fahrzeugs zur Selbstkontrolle ....
Wie diese Lernphasen besser und effektiver gestaltet werden können, damit befasst sich eine Vielzahl internationaler Forschungsprojekte und Praxisversuche. Zu nennen sind u.a. die europäischen Projekte GADGET: Guarding Automobile Drivers through Guidance Education and Technology; DAN: Description and Analysis of Post Licensing Measures for Novice Drivers; BASIC: New Models in Basic Driver Training; ADVANCED: Analysis of post-licence Driver and Rider Training. In Praxiserprobungen zeigen aktuelle Trends in Schweden u.a., wie wichtig Erfahrung ist für sicheres Fahren. Tatsächlich wird diese Erfahrung meist in der gefährlichsten Phase gewonnen - in den ersten Jahren selbständigen Fahrens: "experience paradox" nennen Gregersen et al. (2003) dieses folgenschwere Problem. Jedoch: Ist Erfahrung komprimierbar? Die schwedische Lösung liegt vor allem in der Supervision in dieser Lernphase.
Unbestritten ist inzwischen, dass ein Gesamtpaket von aufeinander abgestimmten, die unterschiedlichen Lernphasen sinnvoll unterstützenden Maßnahmen die besten Wirkungen hat. Jedes "entweder - oder" (z.B. entweder 2. Phase der Fahrausbildung oder Auflagen und begleitetes Fahren) verschenkt Verbesserungspotentiale. Berücksichtigt man nur solche Maßnahmen, die in unterschiedlichen Ländern effektiv zur Minderung der Unfallbelastung junger Fahranfänger beigetragen haben, so kommt es in der Fahrsozialisation
- sowohl auf die Förderung der aktiven Erfahrungsbildung und des gezielten Lernens ("Fähigkeiten fördern") - wie auch auf den Schutz und die Kontrolle der Anfänger in dieser risikoreichsten Phase des Fahrenlernens durch Auflagen an ("Risiken verringern").
Bewährt haben sich gestufte Graduierungssysteme (GDL) bisher vor allem in Neuseeland, Australien, Kanada und inzwischen in fast allen Bundesstaaten der USA. (u.a. Simpson, 2003).