Anlässlich des Gründungsdatums der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Jahr 1948 findet jährlich am 7. April der Weltgesundheitstag statt. Erstmalig für das ganze Kalenderjahr legt die WHO mit dem Kampagnenmotto "Building a fairer, healthier world" 2021 den Schwerpunkt auf die gesundheitliche Chancengleichheit (Health Equity). Die 8-monatige Kampagne endet am 12. Dezember 2021, dem Universal Health Coverage Day.
Der Gesundheitszustand und das Gesundheitsverhalten der Bevölkerung hängen ganz wesentlich von den Lebensbedingungen ab: Der Sozialstatus hat einen starken Einfluss auf die Gesundheit und resultiert in ungleich verteilten Gesundheitschancen. Der Zusammenhang ist dabei in allen Altersstufen erkennbar und zieht sich durch alle Lebensphasen.1
COVID-19 hat alle Länder schwer getroffen. Die Auswirkungen trafen und treffen überwie-gend diejenigen in der Gesellschaft, die bereits gefährdet waren, die Krankheiten stärker ausgesetzt sind, weniger Zugang zu hochwertigen Gesundheitsdiensten haben und mit größerer Wahrscheinlichkeit mit nachteiligen Folgen aufgrund der Maßnahmen zur Eindäm-mung der COVID-19-Pandemie zu rechnen haben.
Eine internationale Arbeitsgruppe zu sozialen Determinanten und gesundheitlicher Ungleichheit der International Union for Health Promotion and Education (IUHPE) hat eine Stellungnahme mit Empfehlungen veröffentlicht, um die durch die COVID-19-Pandemie gefährdete gesundheitliche Chancengleichheit zu stärken.
Das WHO-Regionalbüro Europa hat 2019 den ersten Sachstandsbericht über gesundheitliche Chancengleichheit in der Europäischen Region unter dem Titel "WHO‘s first-ever Health Equity Status Report (HESR)" veröffentlicht.2
In dem Bericht wurden fünf kritische Faktoren identifiziert und ein Prozentsatz errechnet, der den jeweiligen Beitrag der einzelnen Faktoren zur Gesamtlast der Ungleichheit darstellt:
Seit Februar 2021 informiert ein neues Online-Portal von EuroHealthNet über gesundheitliche Ungleichheiten in Europa: Es bietet u.a. eine umfangreiche Ressourcendatenbank, interaktive Karten sowie Tools zum Messen und Verstehen von gesundheitlicher Chancengleichheit.
Wer durch Armut oder andere schwierige Lebensumstände benachteiligt ist, hat in Deutsch-land ein doppelt so hohes Erkrankungsrisiko und eine um bis zu zehn Jahre geringere Lebenserwartung als Menschen aus besser gestellten Bevölkerungsschichten. Laut Robert Koch-Institut (RKI) sterben 13 Prozent der Frauen und 27 Prozent der Männer aus der niedrigsten Einkommensgruppe bereits vor Vollendung des 65. Lebensjahres. In der höchsten Einkommensgruppe trifft das lediglich auf 8 Prozent der Frauen und 14 Prozent der Männer zu.3
Insbesondere sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche sind stärkeren gesundheitlichen Belastungen ausgesetzt, wie der Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS) belegt.4 Die schichtabhängigen Unterschiede betreffen nachweislich den Gesundheitszustand, das Gesundheitsverhalten und die Inanspruchnahme von Vorsorgeuntersuchungen.
2019, im Jahr vor der Corona-Pandemie, waren 17,4 Prozent der Bevölkerung Deutschlands von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht.5
Aktuelle Erhebungen wie auch der Entwurf des 6. Armuts- und Reichtumsberichtes der Bundesregierung deuten darauf hin, dass die Auswirkungen der Corona-Pandemie Armut und soziale Ungleichheit noch einmal spürbar verschärfen.6
Soziale Unterschiede in der Gesundheit sind ein zentrales Thema von Public Health und Gesundheitspolitik. Die Verringerung der gesundheitlichen Ungleichheit ist dabei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nachhaltiger politikfeldübergreifender Anstrengungen bedarf. In Deutschland wurde im März 2021 ein Papier des Zukunftsforums Public Health veröffentlicht, welches den Weg für eine Public-Health-Strategie für Deutschland ebnen soll.7
Ein starkes Public Health-System kann und muss dazu beitragen, gesundheitliche Chancengleichheit herzustellen und gesundheitliche Unterschiede zwischen Bevölkerungsgruppen und Gesellschaften abzubauen. Durch die Veröffentlichung dieses Eckpunktepapiers kurz vor der Bundestagswahl im September 2021 erhofft sich die Public Health-Community die Aufnahme entsprechender Forderungen in den neuen Koalitionsvertrag.
Anlässlich des Weltgesundheitstages 2021 hat die Gesundheitsberichterstattung des Bundes ausgewählte Daten und Fakten zum Thema gesundheitliche Chancengleichheit zusammengestellt.8
Der bundesweit tätige Kooperationsverbund Gesundheitliche Chancengleichheit ist im Jahre 2003 von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) initiiert worden. Heute gehören dem Verbund 74 Organisationen an. Der Kooperationsverbund Gesundheitliche Chancengleichheit verfolgt zwei Leitziele: Die gesundheitliche Chancengleichheit in Deutschland zu verbessern und die Gesundheitsförderung bei sozial benachteiligten Bevölkerungsgruppen zu unterstützen.
Das Interview der Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung e.V. (BVPG) zum Weltgesundheitstag 2021 mit Stefan Bräunling, Leiter der Geschäftsstelle des Kooperationsverbundes Gesundheitliche Chancengleichheit, gibt Einblicke in die Aktivitäten des Kooperationsverbundes für Gesundheit und Chancengleichheit in Deutschland. Das Interview ist unter www.bvpgblog.de verfügbar.
Im 19. Jahrhundert als Antwort auf die wachsende soziale Not der Menschen entstanden, setzen sich die Wohlfahrtsverbände für die Verbesserung der gesundheitlichen Chancengleichheit insbesondere von sozial benachteiligten Menschen ein.
Anlässlich des Weltgesundheitstages 2021 erläutern vier Vertreterinnen und Vertreter der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege - Brigitte Döcker, Vorstandsmitglied des AWO Bundesverbandes e.V., Eva Maria Welskop-Deffaa, Vorständin Sozial- und Fachpolitik, Deutscher Caritasverband e.V., Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik Diakonie Deutschland e.V. und Prof. Dr. Rolf Rosenbrock, Vorsitzender des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes - Gesamtverband e.V. - ihre Strategien zur Erreichbarkeit vulnerabler Zielgruppen und sprechen über die Relevanz von Prävention und Gesundheitsförderung.
Lesen Sie hier das BVPG-Interview mit den vier BVPG-Mitgliedsorganisationen.
Auf den Internetseiten der WHO finden Sie ein umfangreiches Angebot an Informationen.
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an weltgesundheitstag@bvpraevention.de.