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Übertragung von Infektionen durch Blut - Fortschritte zu optimaler Prävention
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Prof. Dr. med. Rainer Seitz

Vita

Leiter der Abteilung Hämatologie und Transfusionsmedizin,
Paul-Ehrlich-Institut, Langen  


Einleitung

Die massenhafte Übertragung von gefährlichen Virusinfektionen, insbesondere des Humanen Immundefizienz-Virus (HIV), durch Blutprodukte in den frühen 80er Jahren stellt sicher einen der größten Rückschläge der modernen Medizin dar. Die Folgen für die infizierten Patienten waren katastrophal. Die Betroffenheit in der Fachwelt, aber auch im Bewusstsein der Öffentlichkeit und in der Gesundheitspolitik wirkte anhaltend nach und hat zu außergewöhnlich großen Anstrengungen geführt, Blut und Blutprodukte infektionssicher zu machen.

Die Prävention von Infektionen der behandelten Patienten durch Blutprodukte umfasst eine ganze Kette von ineinander greifenden Maßnahmen, die von der Gewinnung des Blutes oder Plasmas über die sachgerechte Herstellung und Verteilung der Produkte bis hin zur adäquaten Anwendung und der Reaktion auf eventuelle unerwünschte Effekte reicht. Dem wird durch das 1998 in Kraft getretene Transfusionsgesetz Rechnung getragen, das vorher standesrechtlich geregelten Anforderungen eine bindende gesetzliche Grundlage gibt. An der Arbeit für die Sicherheit von Blut und Blutprodukten beteiligen sich viele Menschen: die Blut und Plasmaspender, die in den Spendeeinrichtungen und Herstellungsbetrieben Tätigen, die Angehörigen der zuständigen Behörden, die an der Gesetzgebung und anderen Regelungen Beteiligten und nicht zuletzt die behandelnden Ärzte und die Patienten selbst. Die folgende Übersicht legt den Schwerpunkt auf die Arbeit des Paul-Ehrlich-Instituts als der zuständigen Bundesoberbehörde.


Spenderauswahl und Testung

Am Anfang muss die Motivation von ausreichend vielen gesunden Mitmenschen zur Blutspende stehen. Die Epidemiologie von Viruserkrankungen in der Bevölkerung ist zu berücksichtigen. Möglicherweise infizierte Spender müssen zuverlässig identifiziert werden, um zu verhindern, dass ihr Blut in Arzneimittel einfließt. Natürlich müssen Spender sich gesund fühlen und bei einer körperlichen Untersuchung frei von auffälligen Krankheitszeichen sein. Da Viruserkrankungen aber häufig symptomarm und somit unbemerkt verlaufen, muss intensiv nach Anhaltspunkten für die Möglichkeit einer Infektion gesucht werden. Dies geschieht erstens durch eine sehr umfassende und teils in intime Bereiche gehende Befragung nach Risikosituationen. Bei jeder Spende muss zweitens das Blut der Spender mit sensitiven Methoden auf Marker der drei relevantesten Virusinfektionen HIV, Hepatitis B (HBV) und Hepatitis C (HCV) untersucht werden. Diese Sicherheitselemente sind bei den Bluttransfusionen (zellulären Blutkomponenten, die bisher nicht Methoden zur Virusinaktivierung zugänglich sind und gefrorenem Frischplasma) von entscheidender Bedeutung. Aber auch bei den industriell aus Plasma hergestellten Produkten stellen sie die unverzichtbare Basis der Sicherheitsmaßnahmen dar.

Inzwischen konnte eine drastische Reduktion des Risikos erreicht werden. Nach einer aktuellen Untersuchung 1unter Einbeziehung eines Großteils der in Deutschland gewonnenen Blutspenden wird die Größenordnung des Restrisikos für eine HIV-Übertragung auf < 1:1.000.000, für HCV auf < 1:100.000 und für HBV auf < 1:200.000 geschätzt. Dieser Erfolg ist zu einem erheblichen Teil auf die Möglichkeit zur sehr sensitiven und spezifischen Testung zurückzuführen. Bisher bedurften die Testsysteme, die zum Screening auf die genannten Viren bestimmt sind, einer Zulassung durch das Paul-Ehrlich-Institut. Zusätzlich zu dieser Prüfung vor Markteinführung führt das Paul-Ehrlich-Institut regelmäßig eine vergleichende Evaluation der auf dem Markt befindlichen Testsysteme durch. Neben den eigenverantwortlichen Bemühungen der Diagnostikaindustrie trug dieser "Selektionsdruck" zu einer ständigen Optimierung bei. In Zukunft wird die Regulierung der Diagnostika aufgrund einer neuen EU-Richtlinie von so genannten benannten Stellen übernommen; das Paul-Ehrlich-Institut beabsichtigt, sich auch unter den veränderten Rahmenbedingungen einzubringen.

Das jetzt noch bestehende Restrisiko von Virusübertragungen hängt ganz überwiegend von der diagnostischen Fensterphase 2, weniger von anderen Faktoren wie seltenen Virusvarianten, atypischer Antikörperbildung oder Laborirrtümern ab. Eine Reduktion der Fensterphase ist möglich durch den direkten Genomnachweis mittels Nukleinsäure-Amplifikations-Techniken (NAT), der bei einer frischen Infektion erheblich früher gelingt als die Erfassung von Antikörpern gegen HIV oder HCV, bzw. das Hepatitis B Oberflächenantigen (HBsAg). Das Paul-Ehrlich-Institut hat für alle Blutspenden zur Herstellung von Erythrozytenkonzentraten 3, später auch für die anderen transfusionsmedizinischen Produkte, die NAT auf HCV angeordnet. Folgende Gründe waren ausschlaggebend dafür, die Anordnung zunächst auf HCV zu beschränken: a) Die Fensterphase ist bei HCV am längsten (dadurch die Verkürzung durch die NAT am größten); b) in der Initialphase der HCV-Infektion steigen die Virustiter relativ steil an, so dass eine vergleichsweise geringe Sensitivität (verlässliche Erkennung von 5000 iE/ml) erforderlich ist und vorerst eine Testung in Untersuchungspools ausreichend ist; c) das geschätzte Restrisiko ist bei HCV etwas höher als bei HBV und HIV. Daher kann von einer NAT-Testung auf HCV der relativ höchste Sicherheitsgewinn erwartet werden.

Bei Untersuchungen im Vorfeld der Anordnung der NAT zeigte sich, dass im Durchschnitt eine NAT-positive aber serologisch negative Spende aus ca. 130.000 Spenden entdeckt werden konnte; allerdings zeigten sich große Unterschiede hinsichtlich der beteiligten Blutspendedienste und der Details der verwendeten Methoden.

Wie hoch der Sicherheitsgewinn sich in der Realität der seit 1.4.1999 obligatorischen Routinetestung darstellen wird, wird abzuwarten sein. Es ist zu erwarten, dass mit weiteren Verbesserungen der Technologie auch weitere Viren in die NAT-Testung einbezogen werden können. Auf die Entwicklungen hinsichtlich der NAT bei Plasmapools zur industriellen Herstellung von Produkten wird weiter unten eingegangen.

Es ist wesentlich, dass wissenschaftlich fundierte, verbindliche Kriterien zu Spenderauswahl und Testung erarbeitet und kontinuierlich weiterentwickelt werden. Durch das Transfusionsgesetz kommt hierbei den Richtlinien der Bundesärztekammer und des Paul-Ehrlich-Instituts als Beschreibung des anerkannten Standes von Wissenschaft und Technik eine gesteigerte Bedeutung zu. Aktuelle Fragen und Probleme zu Blutprodukten werden im Arbeitskreis Blut diskutiert, der Empfehlungen in Form von Voten veröffentlicht. Eine Untergruppe des Arbeitskreises Blut beschäftigt sich mit der Bewertung blutassoziierter Krankheitserreger und veröffentlicht laufend Bestandsaufnahmen mit bewertender Stellungnahme in deutscher und englischer Sprache. Von zunehmender Bedeutung ist die Mitwirkung deutscher Experten (u.a. aus dem Paul-Ehrlich-Institut) bei der Harmonisierung der Anforderungen zur Blutsicherheit in europäischen Gremien, wie dem Spezialitätenausschuss (CPMP) der Europäischen Arzneimittelagentur EMEA und seinen Arbeitsgruppen, oder den Expertengruppen bei der Europäischen Kommission, beim Europarat, oder der Europäischen Arzneibuchkommission.


Bevor ein Arzneimittel auf den Markt gelangt:
Arzneimittelzulassung und staatliche Chargenprüfung

In Deutschland erfolgt die Zulassung von Blut und Blutprodukten als Fertigarzneimittel nach dem Arzneimittelgesetz durch das Paul-Ehrlich-Institut, das diese Zuständigkeit 1994 nach Auflösung des Bundesgesundheitsamtes übernahm. Vor der Zulassung erfolgt in der Regel eine Begehung der Betriebsstätten in Zusammenarbeit mit der zuständigen Landesbehörde. Eine Voraussetzung zur Arzneimittelzulassung ist das Vorliegen einer Herstellungserlaubnis, die von der zuständigen Landesbehörde im Benehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut erteilt wird. Auch hier geht in der Regel eine gemeinsame Inspektion voraus, bei der besonderes Augenmerk auf Aspekte der guten Herstellungspraxis (GMP, nach der englischen Bezeichnung "Good Manufacturing Practice"), z.B. Sachkunde des Personals, Eignung von Räumen und Ausstattung und ein funktionierendes Qualitätssicherungssystem, gelegt wird.


Blutkomponenten zur Transfusion

Im Dialog mit Repräsentanten der transfusionsmedizinischen Verbände wurden die Anforderungen an Blutkomponenten präzisiert und Konzepte zur Ablösung veralteter, aufgrund einer Übergangsregelung bestehender "fiktiver" Zulassungen durch zeitgemäße Neuanträge ausgearbeitet. Besonderes Augenmerk wird bei der Prüfung der Antragsunterlagen auf sicherheitsrelevante Aspekte wie die Spenderauswahl und Testung sowie den Stand von Wissenschaft und Technik entsprechender Herstellungsmethoden gelegt. Eine in den letzten Jahren erheblich weiterentwickelte Technologie ist die Leukozytendepletion (im englischen Sprachgebrauch etwas richtiger als "leucoreduction" bezeichnet). Hiermit kann die Leukozytenzahl in den Blutkomponenten um mindestens vier Log-Stufen reduziert werden. Dies verbessert die pharmazeutische Qualität und die Verträglichkeit (u.a. weniger Allo-Immunisierung durch Blutkomponenten), trägt aber auch zur Prävention der Übertragung zellständiger Erreger wie CMV bei. Es ist z.Z. unbekannt (d.h. wissenschaftlich nicht belegt, aber beim derzeitigen Erkenntnisstand denkbar), ob die Leukozytendepletion zur Entfernung von pathologischen Prionen beitragen könnte, falls etwa eine solche Infektiosität bei vCJK im Blut vorhanden sein sollte. Das Paul-Ehrlich-Institut hat sich entschlossen, die Leukozytendepletion durch eine Anordnung verbindlich vorzuschreiben.


Plasmaderivate

Bei den industriell hergestellten Plasmaprodukten gibt es hinsichtlich der Virussicherheit wichtige Unterschiede zu den Blutkomponenten zur Transfusion: Einerseits werden als Ausgangsmaterial Pools von zahlreichen Plasmaspenden gebildet, die wiederum jeweils in die Produktion verschiedener Produkte und Chargen einfließen können. Dies bedeutet, dass theoretisch bei Fehlen geeigneter Vorkehrungen bereits eine einzelne kontaminierte Spende zur Infektion vieler Patienten führen könnte. Andererseits sind aber im Herstellungsgang der Produkte Schritte zur Abreicherung oder Inaktivierung von potentiell vorhandenen Viren vorgeschrieben. Für die Sicherheit der Plasmaprodukte sind drei Elemente von Bedeutung: die sorgfältige Auswahl der Spender, die Testung der Spenden und der Plasmapools sowie die Viruseliminationsverfahren im Herstellungsgang. Auf allen drei Gebieten wurden in den vergangenen zwei Jahrzehnten große Fortschritte erzielt.

Die industrielle Herstellung von Plasmaprodukten ist an entsprechend große Mengen von Ausgangsmaterial gebunden, so dass Spenden aus zahlreichen Spendeeinrichtungen und häufig aus mehreren Ländern verwendet werden. In dem derzeit gültigen Leitfaden des CPMP 4 werden die wesentlichen Anforderungen zusammengefasst. Im Vergleich zu der vorigen Fassung des Leitfadens wird vermehrtes Augenmerk der Plasmaherkunft und der Qualitätssicherung bei der Gewinnung geschenkt. Zusätzlich zur Testung auf serologische Virusmarker (HIV, HBV und HCV) wurde als weiteres Element durch einen Anhang zum o.g. Leitfaden ab 1.7.1999 die Testung der zur Produktion verwendeten Plasmapools durch den Hersteller mittels NAT auf HCV-Genom eingeführt. Die Testung muss negativ ausfallen mit einer Methode, deren Sensitivität die Erkennung von 100 iE/ml HCV-Genom (ein internationaler Standard zur Validierung der Methode steht zur Verfügung) gewährleisten muss. Das dritte Standbein der Sicherheit bilden die in den Herstellungsgang integrierten Viruseliminationsmethoden. Diese Methoden müssen experimentell in einer Weise validiert werden, welche die Wirksamkeit und Robustheit der Maßnahmen zweifelsfrei belegt. Die in einem CPMP-Leitfaden 5 festgelegten Anforderungen wurden maßgeblich von Experten des Paul-Ehrlich-Instituts mitgestaltet und finden über Europa hinaus internationale Beachtung.

Als weitere Sicherheitskontrolle wurde in zwei Verordnungen seit 1994 und 1996 für alle aus gepooltem Plasma hergestellten Arzneimittel die staatliche Chargenprüfung eingeführt, die vom Paul-Ehrlich-Institut durchgeführt wird. Bei dieser Chargenprüfung werden sowohl die Herstellungsprotokolle (u.a. Plasmaherkunft und -testung) geprüft, als auch Kontrolluntersuchungen im Labor durchgeführt. Diese erstrecken sich neben den wesentlichen Qualitätsparametern im Produkt auf die Kontrolle der Virusmarker einschließlich HCV-NAT in Proben aus den verwendeten Plasmapools.


Pharmakovigilanz

In der Transfusionsmedizin sind Virusübertragungen nicht ganz auszuschließen, aber sehr selten geworden (s. oben und Fußnote 1). Bei den industriellen Plasmaprodukten gab es seit 1985 nur wenige, in ihren Ursachen eingrenzbare Vorfälle; eine HIV-Übertragung wurde seit 1990 nicht mehr beobachtet 6. Diese sehr erfreuliche Entwicklung macht allerdings eine anhaltende Überwachung keinesfalls überflüssig. Die oben erwähnten Viruseliminationsverfahren haben ihre hohe und zuverlässige Wirksamkeit gegenüber den mit einer Lipidhülle versehenen Viren HIV, HBV und HCV in Validierungsstudien und langjähriger Erfahrung unter Beweis gestellt. Ihre Wirksamkeit gegenüber nichtbehüllten Viren ist jedoch wesentlich geringer. Ein Beispiel hierfür ist das Hepatitis A-Virus (HAV). Die Hepatitis A ist eine im wesentlichen oralfäkal übertragene, sporadisch auftretende Erkrankung, die bekanntlich nicht zu einem chronischen Verlauf bzw. einer länger anhaltenden Virämie führt.

Es kann aber selten vorkommen, dass eine in der frühen Krankheitsphase entnommene Blut- oder Plasmaspende HAV enthält. Es wurde argumentiert, dass in den Plasmapools vorhandene Antikörper evtl. vorhandenes HAV eliminieren könnten. Es kam aber zu dokumentierten und bei einem Cluster von Fällen durch Untersuchungen im Paul-Ehrlich-Institut bewiesenen 7 Übertragungen von HAV durch Faktor VIII-Konzentrate, die ausschließlich mit dem Solvent-Detergent Verfahren (das nicht gegen Viren ohne Lipidhülle wirksam ist) behandelt waren. In derartigen Fällen kann das Paul-Ehrlich-Institut mittels eines Stufenplanverfahrens reagieren und ggf. Anordnungen bis hin zur Rücknahme der Zulassung treffen. Inzwischen wurden in Deutschland alle ausschließlich mit dem Solvent-Detergent Verfahren behandelten Faktor VIII-Konzentrate vom Markt genommen.

Dieses Beispiel zeigt eindrucksvoll, wie wichtig eine aufmerksame Verfolgung und Aufklärung aller Verdachtsfälle einer Virusübertragung ist. Natürlich ist hier nachdrücklich zu betonen, dass hierbei das Paul-Ehrlich-Institut auf entsprechende Meldungen der behandelnden Ärzte und der Industrie angewiesen ist. Folgerichtig wurden die Meldevorschriften im Transfusionsgesetz präzisiert und gesetzlich verankert.


Überwachung der Herstellungsbetriebe

Bei den wenigen seit 1985 beobachteten Übertragungsfällen konnte meist die Ursache identifiziert werden. Neben unerwarteten grundsätzlichen Sicherheitslücken, die durch Einführung zusätzlicher Testungen oder zusätzlicher Eliminationsschritte (vgl. obiges Beispiel zu Hepatitis A) beseitigt werden konnten, kamen auch Irrtümer und Fehler bei der Herstellung nach den an sich geeigneten zugelassenen Modellen vor. Die ständige Gewährleistung einer sachgerechten Herstellung (GMP) muss vom Hersteller durch ein funktionierendes Qualitätssicherungssystem gewährleistet werden. Dies wird von den zuständigen Landesbehörden durch regelmäßige Inspektionen vor Ort überprüft, an denen Experten des Paul-Ehrlich-Instituts beteiligt werden.


Optimale Anwendung von Blutprodukten

Es bedarf keiner weiteren Begründung, dass eine Virusübertragung durch ein Blutprodukt dann gänzlich ausgeschlossen werden kann, wenn dessen Gabe vermieden werden kann. Eine Einsparung von Blutprodukten trägt auch zur Erreichung der Selbstversorgung mit Blutprodukten bei, die aus ethischen Gründen und zur Vermeidung von Importen aus evtl. epidemiologisch ungünstigeren Gebieten ein wichtiges Ziel der Gesundheitspolitik in Europa ist. Generell ist ein sparsamer Umgang mit den Ressourcen im Gesundheitswesen ein aktuelles, wichtiges Thema. Auf der anderen Seite würde ein Unterlassen einer indizierten Gabe einer Transfusion bzw. eines Plasmaproduktes die Patienten in unerträglicher Weise in Gefahr bringen.

Gefragt ist also weder ein schematisches Einschränken der Anwendung, noch ein kritiklos großzügiger Umgang mit Blutprodukten, sondern eine sorgfältige, rationale und wo möglich auf vorhandene wissenschaftliche Evidenz basierende Anwendung. Unter der deutschen EU-Präsidentschaft wurde im Mai 1999 eine wissenschaftliche Tagung in Wildbad Kreuth durchgeführt, die eine Initiative "Optimal Use of Blood" eröffnete; weitere Veranstaltungen zu diesem Anliegen erscheinen wünschenswert. Das zunehmende Augenmerk auf die optimale und sichere Behandlung mit Blutprodukten drückt sich auch in der Forderung im Transfusionsgesetz nach einem Qualitätssicherungssystems in der Anwendung aus. Dem Engagement hierfür und der an die einzelnen Einrichtungen der Krankenversorgung individuell angepassten Ausgestaltung wird eine erhebliche Bedeutung für die Qualität der medizinischen Versorgung zukommen.


Ausblick

Die Fortschritte auf dem Gebiet der Virussicherheit der Blutprodukte in den letzten beiden Jahrzehnten sind eindrucksvoll. Das Restrisiko einer Virusübertragung ist äußerst gering geworden, vor allem wenn man den Vergleich zu Risiken in anderen Lebensbereichen zieht. Diese durchaus erfreuliche Bilanz sollte allerdings keinesfalls zum Anlass genommen werden, die Anstrengungen zu reduzieren. Es sei hier nur darauf hingewiesen, dass kontinuierlich neue Erkenntnisse über neuartige Erreger oder ein geändertes Verhalten bekannter Erreger gewonnen werden 8. Bei biologischen Arzneimitteln wie den Blutprodukten wird Wachsamkeit auch in Zukunft erforderlich sein. 


Literaturangaben

1 D. Glück. Risiko der HIV-, HCV- und HBV-Übertragung durch Blutpräparate. Infusionsther Transfusionsmed 26:335-338; 1999
2 Interorganizational Task Force on Nucleic Acid Amplification Testing of Blood Donors: Nucleic acid amplification testing of blood donors for transfusion-transmitted infectious diseases. Transfusion 40:143-159; 2000
3 Bekanntmachung des Paul-Ehrlich-Instituts über die Ergebnisse des Stufenplanverfahrens zur Verminderung des Risikos von Hepatitis B, Hepatitis C- und HIV-Infektionen bei Empfängern von Erythrozytenkonzentraten vom 25.2.1998. BAnz. 53, S. 3835
4 Note for guidance on plasma-derived medicinal products. CPMP/BWP/269/95, rev. 2
5 Note for guidance on virus validation studies: The design, contribution and interpretation of studies validating the inactivation and removal of viruses. CPMP/BWP/268/95
6 Nübling MC, Chudy M, Löwer J: Virus testing of plasma pools and blood products by nucleic acid amplification. Hämostaseologie 16:274-276;1996
7 Chudy M et al: A new cluster of hepatitis A infection in hemophiliacs traced to a contaminated plasma pool. J Med Virol 57:91-99;1999
8 Kistermann T, Exner M: Bedrohung durch Infektionskrankheiten? Dtsch Ärzteblatt 97:C-197-201;2000