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 Frauen und Rauchen

Dr. Martina Pötschke-LangerDr. Martina Pötschke-Langer

Vita


In Europa gab es noch niemals zuvor eine derart hohe Lebenserwartung von Männern und Frauen wie gegenwärtig. Daten aus der Europäischen Union von 1997 machen deutlich, daß weibliche Neugeborene im Durchschnitt die Chance haben 80,3 Jahre alt zu werden im Vergleich zu männliche Neugeborene mit durchschnittlich 74 Jahren. Die Differenz von 6 Jahren hat vielerlei Gründe. Ein ernst zu nehmender Grund ist im unterschiedlichen Lebensstil von Männern und Frauen zu finden, u.a. in ihrem Rauchverhalten. Das Rauchverhalten der Männer im vergangenen Jahrhundert hat das der Frauen deutlich übertroffen so daß von einer Frühsterblichkeit insbesondere der lebenslang rauchenden Männer ausgegangen werden kann. In einer Langzeitstudie aus Großbritannien konnte dargestellt werden, daß durchschnittlich 80% aller Nichtraucher das 70. und 33 % aller Nichtraucher das 85. Lebensjahr erreichen während nur noch 50 % aller Raucher mit einem Konsum von 25 und mehr Zigaretten täglich 70 Jahre alt werden und nur noch 8 % der Raucher das 85. Lebensjahr erreichen.

In den vergangenen zwei Jahrzehnten jedoch hat sich eine Annäherung im Rauchverhalten zwischen den Geschlechtern in einzelnen europäischen Ländern vollzogen. Die Raucheranteile beider Geschlechter unterscheiden sich nur noch leicht in den skandinavischen Ländern, Großbritannien, Irland und den Niederlanden. Verringert haben sich die Unterschiede zwischen den Raucherquoten bei Männern und Frauen auch in den mitteleuropäischen Ländern, darunter Deutschland und Österreich. Deutliche Unterschiede bestehen noch in Italien, Spanien, Griechenland und Portugal. Jedoch ist gerade in diesen Ländern das Rauchverhalten bei Frauen weiter steigend und in den meisten europäischen Ländern rauchen Mädchen sogar etwas mehr als Jungen.

Zeitgleich mit dieser Entwicklung vollzieht sich ein deutlicher Anstieg von raucherbedingten Folgekrankheiten bei Frauen in Europa. Im Jahr 1955 waren es 10.000, im Jahr 1975 49.000 und im Jahr 1995 bereits113.000 Frauen, die an den Folgen des Rauchens verstarben. Die Entwicklung ließ Wissenschaftler zur These gelangen, daß wenn Frauen rauchen wie Männer sie auch wie Männer sterben werden, d.h. ihre Lebenserwartung sich zunehmend der der Männer annähert. Bald wurde jedoch deutlich, daß Frauen nicht nur an den klassischen Raucherkrankheiten wie Herzinfarkt, Krebse der verschiedensten Lokalisationen, Lungenemphysem und chronischen Bronchitiden versterben wie Männer, sondern darüber hinaus frauenspezifische Leiden entwickeln: verminderte Fruchtbarkeit, verstärkte Menstruationsprobleme, verstärkte Menopausenprobleme und verstärkte Osteoporose. Wenn Frauen rauchen wie Männer sterben sie nicht nur wie Männer, sondern sie leiden wie Frauen und sie belasten dabei ihre Kinder: Rauchende Frauen haben deutlich häufiger Fehlgeburten, Eileiterschwangerschaften, Frühgeburten und Stillprobleme. Rauchen in der Schwangerschaft führt zu einer verschlechterten Durchblutung des Mutterkuchens und einer verschlechterten Versorgung des Kindes mit Sauerstoff und Nährstoffen. Folgen des Rauchens in der Schwangerschaft sind deshalb ein verlangsamtes Wachstum des ungeborenen Kindes mit in der Regel niedrigerem Geburtsgewicht, vermindertem Kopfumfang und vermindertem Längenwachstum des Neugeborenen, dem Risiko von Totgeburt und Mißbildungen. Erste wissenschaftliche Hinweise zur verminderten Intelligenz durch die schlechtere Durchblutung des Gehirnes, vermehrter Verhaltensstörung und Hyperaktivität sowie Fettleibigkeit in der Kindheit und Jugend werden gegenwärtig diskutiert. Fortgesetztes Rauchen von Müttern und Vätern in Anwesenheit des Kindes führt zudem zur erhöhten Gefahr des Plötzlichen Kindstodes und erhöhter Infektanfälligkeit, Bronchitis, Lungen- und Mittelohrentzündungen. Aber auch heranwachsende Kinder, die in Raucherhaushalten leben, klagen doppelt so häufig über Halsschmerzen, Husten, Heiserkeit, Schwindelgefühlen, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Unruhe oder Nervosität, Müdigkeit, Hautjucken oder Allergien, Konzentrationsschwierigkeiten, Rückenschmerzen und chronische Krankheiten und dreimal so häufig an Schlafstörungen wie Kinder aus Nichtraucherhaushalten.

Die gesundheitlichen und sozialen Konsequenzen des Rauchens von Frauen und Männern sind insbesondere in den letzten Jahrzehnten deutlich geworden. Die Tabakepidemie entwickelte sich auch bei Frauen schleichend und hat inzwischen ein Ausmaß erreicht, das Medizin und Gesundheitswissenschaften zum Handeln bewegen muß. Ärzte sollten alle Patientinnen, die rauchen, zum Aufhören ermutigen. Dies trifft insbesondere auf rauchende Schwangere zu, junge Mütter, Frauen die Kontrazeptiva erhalten und einer Hochrisikogruppe angehören. Aber auch auf die Gefahren des Passivrauchens hinzuweisen, insbesondere für Schwangere, Kinder und durch Krankheiten belastete Menschen, ist ärztliche Pflicht und Aufgabe. Nicht selten besteht für Frauen eine hohe Passivrauchbelastung zuhause durch rauchende Familienmitglieder oder am Arbeitsplatz, insbesondere in Dienstleistungsberufen.

Aber auch Gesundheitswissenschaften und Gesundheitspolitik müssen ermutigt werden, wirksame Maßnahmen oder Gesetze zur Tabakprävention und Tabakkontrolle durchzusetzen.

Hierzu gehören folgende Maßnahmen und Aktivitäten:

Eine deutliche Verminderung des Rauchverhaltens von Frauen vor allem in jungen Jahren würde diesen nicht nur die nahezu gleiche Lebenserwartung wie Nichtraucherinnen geben, sondern auch die Gesundheit ihrer Kinder schützen.


Dr. Martina Pötschke-Langer
Deutsches Krebsforschungszentrum
Im Neuenheimer Feld 280
69120 Heidelberg
Tel.: 0 62 21 / 42 30 07
E-Mail: m.poetschke-langer@dkfz-heidelberg.de